Die Bücherei für Erwachsene
Alles für Erwachsene
Mit 132 geschenkten Büchern begann 1828 die Geschichte der ersten deutschen Volksbücherei.
Karl Benjamin Preusker kam aus einfachen Verhältnissen und nur durch seinen unstillbaren Hunger nach Wissen hatte er sich zielstrebig hochgearbeitet. Er absolvierte eine Buchhändlerlehre und besuchte während seiner Militärzeit Vorlesungen in Kameralwissenschaften, die ihm eine Anstellung im Verwaltungsfach ermöglichten. So wurde er Rentamtmann in Großenhain und war mit Kassenführung, Zinsberechnung, Kontrolle des Straßenbaus und ähnlichem beschäftigt.
In seinem Freundeskreis kam oft die Rede auf das Thema Bibliothek. Die Kirchenbibliothek war dem Stadtbrand 1744 zum Opfer gefallen und Preusker spürte den Verlust schmerzlich, denn ihn leitete der Gedanke, dass Bildung nicht das Privileg einiger weniger sein darf. So eröffnete er am 24. Oktober zusammen mit dem Arzt Emil Reiniger die Bücherei, die als erste deutsche Volksbücherei in die Geschichte eingegangen ist. Zunächst beschränkte sich die Ausleihe auf eine Stunde in der Woche, die von interessierten Lehrern besorgt wurde. Schwierigkeiten gab es bald, weil regelmäßige Geldzuwendungen fehlten, um den Buchbestand zu erweitern. Erst nach 40 Jahren sollte es Preusker gelingen, einen festen Etat von der Stadt zu erhalten. Bereits 10 Jahre nach der Gründung der Bücherei hatte sich das Literaturangebot ganz wesentlich vergrößert. Auch trat der reine Bildungsgedanke für den Bestandsaufbau allmählich zurück. Die Entwicklung ging zu historischen und erzählenden Werken. Daneben prägten Reisebeschreibungen, Biographien und naturwissenschaftliche Werke den Bestand.
Die Geschichte der Preusker-Bücherei ist auch die Geschichte von Umzügen: Knabenschule, Neubau der Knabenschule, Rathaus, Frauenmarkt, Rathaus..., je nachdem, wie viel Interesse bzw. Mittel zur Verfügung standen.
1949 wurde der Bibliothek der Name ihres Gründers "Karl Preusker" verliehen. Zum ersten mal in der Geschichte wurde sie von hauptamtlichem Personal geführt. 1955 kam die Versorgung von 43 nebenamtlich geleiteten Gemeindebibliotheken dazu.
Heute
Seit 1962 befindet sich die Karl-Preusker-Bücherei im ehemaligen Amtshaus auf der Poststr. 10 neben der Klosterruine. In einem Teil des Gebäudes war früher das Rentamt, in dem Karl Preusker lebte und arbeitete, untergebracht.
Mit diesem Umzug wurde auch die damals aufkommende Freihandausleihe eingeführt. Die Benutzer bekamen freien Zugang zu den Büchern. Bis dahin waren es die Angestellten, die Literatur nach den Wünschen der Leser auswählten und dabei möglicherweise erzieherische Ziele verfolgten.
Eine besondere Aufwertung erhielt die Bibliothek, als am 24. Oktober 1995 der bundesweit begangenen "Tag der Bibliotheken" in Großenhain stattfand. Unter der Schirmherrschaft Richard von Weizsäckers stand er unter dem Motto "Auch in Zukunft: Bibliotheken für alle".
Im Januar 1997 übernahm der Verein Preusker Bibliothek e.V. die Trägerschaft, damit ist die Bibliothek zum ersten Mal einem privatrechtlichen Träger unterstellt.
Ihr 175jähriges Jubiläum feierte die Bibliothek 2003 mit zahlreichen literarischen Veranstaltungen.
Wenn Preusker heute "seine" Bücherei sehen könnte, würde er sich freuen, dass Jugendliche wie zu seiner Zeit die Bibliothek für ihre Bildung brauchen und einen Großteil der Benutzer ausmachen. Staunen würde er über das Medienangebot: Tausende Sachbücher und Romane, daneben alles, was die Medienlandschaft heute bereichert wie CDs, DVDs, aktuelle Zeitschriften und nicht zuletzt Internetarbeitsplätze. Er könnte per Mausklick den Bestand der Bücherei ansehen und via Internet in anderen Bibliotheken stöbern.
Glücklich wäre Karl Benjamin Preusker, wenn er wüsste, dass "sein" Amtshaus in diesem Jahr dank des Förderprogrammes Städtebaulicher Denkmalschutz komplett saniert und modernisiert werden konnte. Auf zwei Etagen können sich die Besucher nun bewegen. Sie finden in einer großzügigen Atmosphäre Bücher und was sie sonst zum Lernen und zur Unterhaltung brauchen.
Ilka Wilkening